Heute, da physikalische Datenträger für Filme und Musik allmählich seltener werden und rein-digitale Inhalte starke Verbreitung erfahren, fast alle Fernsehsender große Teile ihres Programms per Internet-Stream aussenden, da ist es naheliegend, Multimediaaufgaben einem PC zu überlassen, der nahezu alle Formate beherrscht und eine Vielzahl an Extras bereithält.
PCs für Multimediazwecke haben schon vor Jahren den Weg in heimische Wohnzimmer gefunden. Oftmals sind dafür aber stolze Preise zu bezahlen. Wer die Innereien bereits hat (ein älterer PC mit neuer HDMI-Grafikkarte genügt fast immer) braucht nur noch das passende Gehäuse, um alles unterbringen zu können.
Mein Projekt ist in erster Linie eine Recyclingarbeit, bei der vorhandene Komponenten einen zweiten Lebenszyklus erleben sollen. Verwendung finden auch ein Touchscreen und eine Fernbedienung, worüber der PC später gesteuert werden soll.
Vorhandene Technik
Ein Mainboard aus einem Office-PC mit Pentium-Dual-Prozessor und 2 Gigabyte RAM bildet die technische Basis für den Multimedia-PC. Dazu gehört noch eine Festplatte, die in meinem Fall nur groß genug sein muss, um das Betriebssystem und ein paar Programme unterbringen zu können. Die Inhalte, die mit dem PC später abgespielt werden solle, kommen alle aus dem Netzwerk.
Das Gehäuse
Mein Gehäuse habe ich bei Pollin gefunden. Pollin kauft Restbestände von Elektronikherstellern auf und kann diese günstig an die Endkunden weitergeben. So kam ich zum Kaufpreis von 20 Euro zu einem Gehäuse mitsamt Kartenleser, Frontanschlüssen, Netzteil und sogar DVD-Brenner. Ursprünglich war es für den Digitainer von Medin vorgesehen. Der Digitainer, nebenbei bemerkt, war ein 2004 als Weltneuheit angepriesenes aber nicht sonderlich erfolgreiches Produkt. Medion hatte damals mit der schlechten Bildqualität des Tuners zu kämpfen.
Wie groß das Gehäuse ist, hängt in der Praxis davon ab, was man bereit ist zu bezahlen und was rein soll. Kleine Gehäuse mit passenden Netzteilen und Slim-Line-Laufwerken sehen zweifelsohne nett aus, sind aber weitaus teurer als der Kasten für 20 Euro. Zudem muss das Mainboard passen. Das von mir verwendete Micro-ATX-Mainboard passt perfekt in das Digitainer-Gehäuse. Es gibt auch Mainboard- und Gehäusestandards, die kleinere Abmessungen vorschreiben, zum Beispiel FlexATX. Zu bedenken hat der Bastler hierbei, dass mit dem schrumpfenden Gehäusevolumen weniger Platz für Komponenten ist.
An Low-Profile denken
Etwas schlanker als herkömmliche Tower- oder Desktopgehäuse sind ATX-Gehäuse im Low-Profile-Formfaktor. Erweiterungskarten fallen hier flacher aus, weil sie vertikal eingebaut werden. Sie haben entsprechend kürzere Slotbleche. Wer Erweiterungskarten benötigt und ein Low-Profile-Gehäuse einsetzen will, muss gegebenenfalls passende Bleche besorgen. Da die meisten Komponenten heutzutage onboard vorhanden sind und allenfalls eine kleine HDMI-fähige Grafikkarte benötigt wird, sollte das aber nicht allzu schwierig sein.
Das Gehäuse vorbereiten
Im Gehäuseboden müssen passende Aufnahmeschrauben vorhanden sein, auf die das Board gesetzt und verschraubt werden kann. Normalerweise sind das 6 Stück. Gegebenenfalls müssen diese Schrauben dem Board entsprechend positioniert werden. Falsch gesetzte Aufnahmen führen, da sie aus leitendem Metall sind, zu Kontaktbrücken auf der Unterseite des Mainboards und damit unweigerlich zu einem Defekt. Die Positionen dieser Aufnahmen sind im Bild grün markiert (teilweise überdeckt).

Mainboard einbauen
Bevor es richtig losgehen kann, muss aufgeräumt werden. Die festgeklebten Kabel müssen raus oder beiseite gelegt werden, ebenso müssen der Festplattenkäfig und der Kasten mit dem SCART-Anschluss entfernt werden, damit der Boden frei zugänglich wird. Als nächstes muss das vorhandene ATX-Blech für die Onboard-Anschlüsse entfernt werden, da wir ein anderes Mainboard einsetzen, bei dem die Anschlüsse wieder anders liegen.

Das neue Blech wird einfach in den Rahmen gedrückt, bis es plan aufliegt. Danach kann schon das Mainboard eingesetzt werden. Bevor Sie das Mainboard einsetzen, sollten Sie bereits den Prozessor und das RAM darauf verbaut haben. Das funktioniert besser, weil man dabei unter Umständen etwas Druck aufs Board ausüben muss, was im eingebauten Zustand zu Beschädigungen führen kann.
Das fertig bestückte Board wird zuerst ins Blech eingeklinkt und dann nach unten abgelegt.

Liegt alles richtig, können Sie das Mainboard verschrauben und die Stromversorgung anschließen. Aktuelle Boards besitzen hierfür eine 24-polige Aufnahme sowie einen gelb-schwarzen vierpoligen P4-Stecker in der Nähe des Prozessors. Letzterer ist, wenn vorhanden, zwingend notwendig. Hat das Netzteil hierfür keinen Ausgang, ist es fürs Board nicht geeignet.
Bei der ATX-Stromversorgung kann es die Besonderheit geben, dass das Board auch mit dem etwas älteren 20-poligen Stecker funktioniert. In meinem Fall ist im Gehäuse ein kleines Netzteil verbaut, das die zusätzlichen vier Pole nicht liefert, dennoch arbeitet das Mainboard ordnungsgemäß.
Als nächstes können die vom Front-Panel kommenden Anschlüsse für USB-Geräte, Sound und Kartenleser angeschlossen werden. Normalerweise sind Stecker und Aufnahmen durch Blindstopfen in den Kontakten ausreichend gekennzeichnet, um ein falsches Anschließen zu vermeiden. Gängig sind in fast allen Fällen Anschlüsse für USB und Front-Audio. Im Beispiel gibt es zwei USB-Anschlüsse links (also unten am Board), der Anschluss für Audio befindet sich fast immer in der Nähe der Ausgänge an der Rückseite, eben in der Nähe der Onboard-Soundkarte.
Beim Gehäuse des Digitainers gibt es zudem Anschlüsse für Firewire und den Video-Ausgang per SCART. Da für beides die entsprechenden Komponenten auf dem Board fehlen, werden diese Anschlüsse nicht belegt. Vor allem bei Video-Hardware handelt es sich oftmals um proprietäre Technik ohne standardisierte Anschlüsse, für die Erweiterungskarten gekauft werden müssen.
Ein ebenfalls vorhandener Empfänger für eine (Funk!)-Fernbedienung befindet sich in der Gehäusefront und wird über das Kombigerät angeschlossen. Der Empfänger nutzt USB, so ist die Geräteinstallation relativ einfach.

Zum Schluss werden die Laufwerke angeschlossen beziehungsweise eingebaut. Der vorhandene DVD-Brenner hat noch einen IDE-Anschluss, das Board glücklicherweise auch. Wir nehmen das als gegeben hin und finden uns damit ab. 😉 Die Festplatte wird in ihrem Käfig verschraubt und per S-ATA angeschlossen.

Jetzt folgt noch ein abschließender Funktionstest. Das Betriebssystem ist bereits installiert, so lässt sich leichter feststellen, ob alle Komponenten funktionieren. Wenn alles wie erwartet arbeitet, kommt der Deckel drauf und es kann mit der Einrichtung der Software fortgefahren werden.
Betriebssystem und Software
Da noch eine Lizenz dieses historischen Betriebssystems vorhanden ist, habe ich mich für Windows Vista entschieden. Auf der gewählten Hardware läuft es besser als XP, zudem ist XP inzwischen wirklich alt und kommt nicht mehr in Frage.

Windows für die Verwendung mit einem Touchscreen einrichten
Damit der Touchschreen, ein älteres Modell von ELO, verwendet werden kann, muss er angeschlossen werden. Und damit meine ich nicht nur per VGA-Kabel, sondern mit einem seriellen Kabel, über das der Bildschirm die gewählte Zeigerposition an den PC übermittelt. Der Bildschirm wird hier nämlich zum Eingabegerät. Die Firma ELO Touch Systems stellt selbst für alte Geräte immer noch einen Universaltreiber bereit, der bei mir ohne Schwierigkeiten unter Windows Vista x64 (!) funktioniert. Bei der Installation muss lediglich angegeben werden, über welches Kabel der Bildschirm angeschlossen wird. Der Treiber unterstützt sogar das automatische Erkennen von Bildschirmen, die mit einem seriellen Kabel angeschlossen werden, es verhält sich also fast wie bei USB. Der Bildschirm muss noch kalibriert werden, damit die Berührungspunkte Positionen auf der Oberfläche zugeordnet werden können. Folgt er Mauszeiger den Berührungen, hat dieser Teil geklappt und wir können unser Windows so einstellen, dass es sich leichter bedienen lässt.
Hierfür werden die Schrift, die Symbole und Schaltflächen vergrößert, damit man sie besser treffen kann. All das kann über das Systemsteuerungselement “Anpassen” erledigt werden. Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf eine freie Fläche auf dem Desktop und wählen Sie “Anpassen”. Klicken Sie links auf “Schriftgrad anpassen (DPI)”, wenn Sie Vista verwenden oder “Anzeige”, wenn Sie Windows 7 haben.

Jetzt werden noch die Fensterschaltflächen vergrößert. Wählen Sie “Fensterfarbe und Darstellung”, und dann die erweiterten Optionen (Link unten im Fenster anklicken). Hierüber können Sie die Darstellung der Fenster ändern, indem Sie im oberen Bereich ein Element, beispielsweise den Fensterrahmen anklicken und unten die Größe angeben. Die Größte der Titelleiste und der -Schaltflächen setzen wir hier auf einen Wert um die 30 (Standard ist 21). Analog dazu ist es empfehlenswert, die Bildlaufleisten ebenfalls zu vergrößern.

Das waren die Anpassungen auf der Windows-Oberfläche. Jetzt brauchen wir noch, sofern nicht schon vorhanden, eine Oberfläche für die Multimediazwecke. Wenn Sie Windows als Mediacenter- oder Ultimate Edition haben, ist bereits ein Mediacenter an Board, das Sie benutzen können. Andernfalls können Sie Software anderer Entwickler aufspielen.
XBMC als Oberfläche für Multimedia-Computer
Ein gutes Mediacenter ist XBMC (früher Xbox Media Center). XBMC ist quelloffen, kostenlos und wird ständig weiterentwickelt. Für das System gibt es sogar eine Reihe von Erweiterungen, mit denen XBMC aufgemotzt und erweitert werden kann.
